Können Kunststoffe auch altern?
Man hört dieser Tage vieles über die Eigenschaften der Kunststoffe, leider meist im Zusammenhang mit der Verschmutzung der Meere. Riesige Berge von Plastiktüten und Verpackungsmaterial sammeln sich vor allem im Pazifik zu großen treibenden Inseln und bedrohen die Umwelt. Dabei lässt sich Kunststoff sehr gut recyceln, vorausgesetzt, er wird sortenrein gesammelt.
Doch für viele Länder ist das ein Problem, denn weder haben sie die industrielle Entwicklungsstufe erreicht, noch verfügen sie über ein so ausgeklügeltes Rückführungssystem wie es in Deutschland existiert. In diesen Berichten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass sich der Kunststoff nicht zersetzt. Wie steht es denn eigentlich mit der Alterung und Zersetzung von Kunststoffen? Die Klärung dieser Frage ist nicht nur interessant, sondern für uns bei der Stocker Kunststoff GmbH geradezu existentiell wichtig. Denn nur, wenn wir genau über den Alterungsprozess bei Kunststoffen Bescheid wissen, können wir die Kunden nicht nur entsprechend beraten, sondern auch immer rechtzeitig für einen nötigen Nachschub sorgen. Viele Aufträge für ein Unternehmen aus dem Kunststoffspritzguss beinhalten daher regelmäßige Nachlieferungen.
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Zersetzen und Altern von Kunststoffen
Zunächst einmal muss man einen großen Unterschied machen zwischen altern und zersetzen. Die Zersetzung also Auflösung eines Kunststoffs unter den normalen Umweltbedingungen kann wirklich tausende von Jahren dauern. Die Alterung eines Kunststoffs kann je nach Umstand schon nach relativ kurzer Zeit von ein paar Jahren einsetzen. Unter Alterung versteht man erst einmal nur die Änderung der physikalischen und chemischen Eigenschaften eines Stoffes, die sich im Ablauf der Zeit ergibt. Verantwortlich für diese Änderungen sind unter anderem die Einwirkung der Umwelt durch Sauerstoff, Licht, UV-Strahlung, Feuchtigkeit und auch der Röntgen-Strahlung. Eine entscheidende Rolle spielt die Temperatur.
Denn mit der Zunahme der Temperatur vollzieht sich der Alterungsprozess schneller. Das führt bei Kunststoffen zum Beispiel zu einem Abbau der Makromoleküle, die den Zusammenhalt des ganzen Werkstücks beeinträchtigen. Damit sind wir auch schon bei den Konsequenzen der Alterungsprozesse. Viele unserer Auftraggeber benötigen äußerst präzise abgemessene und hergestellte Bauteile, die wichtigste Aufgaben in Maschinen oder anderen Anlagen zu erfüllen haben. Wird ein solches Spritzgussteil aus Kunststoff spröde oder hält der Druck- oder Zugbelastung nicht mehr stand, können unter Umständen sogar Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Das Messen der Alterung von Kunststoffen
Daher werden für alle im Spritzguss eingesetzten Kunststoffe genaue Testreihen durchgeführt, um den Alterungsprozess des jeweiligen Materials in seiner Zusammensetzung genau zu prüfen und vorhersagen zu können. Dann lässt sich ähnlich wie bei Lebensmitteln so eine Art Mindesthaltbarkeit unter den Bedingungen des Einsatzes des Spritzgussteils berechnen. Dabei macht man sich die Temperatur zu nutze. Der Kunststoff wird unter erhöhten Temperaturen sozusagen künstlich gealtert und dabei werden seine Materialeigenschaften wie Zugfestigkeit und Kerbschlagfähigkeit gemessen. Der dazugehörige Messwert wird als Relativer Temperaturindex (RTI) bezeichnet.
Der Ablauf der Zeit, bis die Eigenschaften des Kunststoffs unter einen Wert von 50% im Verhältnis zu ihrem Ausgangspunkt gefallen sind, bezeichnet man als Zeit bis zum Ausfall. Mit mehreren solcher Messungen mit jeweils unterschiedlichen Temperaturen kann man aus den verschiedenen Datenpunkten eine gerade Linie berechnen, die den Alterungsprozess des Kunststoffs darstellt. Diese Linie wird auf einen Standard Zeitraum extrapoliert, also umgerechnet, der üblicherweise bei acht Jahren liegt. Diejenige Temperatur, unter der dieser Kunststoff nach acht Jahren seinen Ausfallzeitpunkt erreicht, ist der Relative Temperaturindex. Mit dieser wichtigen Bezugsgröße lassen sich dann die benötigten Vorhersagen treffen.
Kunststoffe müssen viel aushalten können
Tatsächlich werden viele unserer Spritzgussteile nicht etwa bei Zimmertemperatur eingesetzt. In den Anlagen und Maschinen werden teils viel höhere Temperaturen erreicht, dementsprechend höher sollte der Relative Temperaturindex des eingesetzten Kunststoffes sein. In anderen Fällen werden solche Messungen noch viel komplizierter. Man denke nur an Kunststoffteile, die zum Beispiel in Ampeln verwendet werden.
Dort entstehen über die Jahreszeiten hinweg Unterschiede in den Temperaturen, die leicht an die 60 bis 80 Grad heranreichen können. Die Materialkunde ist gerade im Bereich der Kunststoffe ein faszinierendes Gebiet, in dem eine Vielzahl von Wissenschaftlern beschäftigt ist. Von der Genauigkeit ihrer Messungen und Ergebnisse hängt praktisch unsere ganze moderne Zivilisation ab.